zurück: Wupperweg Etappe 5
Von Solingen-Kohlfurth nach Solingen-Obenrüden - 22 km
2016-02-27
Der Samstagmorgen brachte uns den ersehnten Sonnenschein. Kein Frühnebel, kein Dunst - nur strahlende Sonne und so sollte es den ganzen Tag über bleiben. Allerbeste Voraussetzungen also für unsere heutige wuppernahe Wanderung.
Hans setzte uns wieder beim Café Hubraum ab, dessen Saison noch nicht gekommen ist. Im Sommer tanzt hier der Bikerbär, wir waren jedoch ganz allein und so konnten Christa und ich mit dem grimmig dreinschauenden Highwaycop posen und Hans sich für gebrauchte Zweiräder interessieren.
Dann hieß es Abschied nehmen. Hans fuhr wieder nach Hause und wir Drei brauchten nur ein Stück die Kohlfurther Straße hinauf zu gehen, die L74 zu unterqueren und schon waren wir in einem Naturschutzgebiet. Der Stöckener Bach wurde übersprungen und wir standen vor unserem ersten Hinweis des heutigen Tages auf die ehemalige Industriegeschichte. Von 1694 bis zu einem Brand 1912 wurde an dieser Stelle emsig gearbeitet, wo sich heute ein Feuchtbiotop bis zur Wupper hinzieht. Zuerst entstanden zwei Hammerwerke, später kam ein Schleifkotten dazu und eine Dampfkraftanlage. Bis zu 60 Schleifer waren in dieser leistungsfähigen Anlage beschäftigt.
So konnte es für uns weiter gehen: tolles Wetter, Infos zur Industriegeschichte und wir mitten in der Natur. Die Sonne schien so kräftig, dass wir geblendet in den Wald eintauchten. Es ging eine Weile bergauf, bis wir die Wupper unter und einen prächtigen Hohlweg vor uns hatten.
In Serpentinen ging es auf dem Hohlweg bergab und bald erreichten wir das Papiermühler Bachtal. In der Siedlung Papiermühle gab es für uns wieder viele Informationen über die ehemalige Papierfabrik, die hier noch bis vor wenigen Jahren in Betrieb war.
1536 siedelte der Buchdrucker Johannes Heyl von Köln ins Tal der Wupper um und begann als erster im Bergischen Land mit dem Buchdruck. Er übernahm dafür eine Papiermühle, die die Mönche des Altenberger Klosters hier errichtet hatten. Sein Zeichen, das Pentagramm, haben wir an einer Wand der verfallenen Papierfabrik entdeckt.
Natürlich haben wir uns hier zwischen Arbeiterhäusern, herrschaftlichen Villen und Fabrikruine einige Zeit aufgehalten, bis wir endlich über den aus den Felsen geschlagenen Ossianweg den Ort verließen.
Christa und ich fühlten uns hier durch die Felsen ein wenig ins Müllerthal von Luxemburg versetzt.
Wir kamen noch an einigen Stellen vorbei, die früher eine große wirtschaftliche Bedeutung für die Gegend hatten, wie z. B. Schleifkotten des Bergischen Elektrizitätswerks, das Solingen mit Strom versorgte oder alte Bahntrassen. Davon ist allerdings heute nicht mehr viel zu erkennen.
An der alten Hofschaft Grunenburg vorbei näherten wir uns unaufhaltsam der Solinger Ortschaft Müngsten.
Im Zusammenhang mit Müngsten denkt man heute in erster Linie an die stählerne höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands, die Müngstener Brücke. Wer weiß schon, dass es hier einmal mehrere Hammerwerke und eine Sensenfabrik gab und die Familie Bohlen und Halbach von hier stammt, die später in die Industriellendynastie Krupp einheiratete. Solche interessanten Details erfährt man übrigens aus dem Büchlein von Jörg Mortsiefer "Der Wupperweg - Eine Wanderung in 12 Etappen". Aber Müngsten war nicht nur ein bedeutender Industriestandort, sondern auch ein beliebtes Ausflugsziel. Und das ist es heute immer noch.
Vorbei an einem ehemaligen Schleifkotten, der heute eine Schlosserei ist, gelangten wir in den Brückenpark Müngsten. Als Christa das Restaurant am Wupperufer sah und die Kirchenglocken hörte, die zur Mittagszeit läuteten, meldete sich prompt ihr Magen. Sie hatte Appetit auf eine Suppe, und die hatten wir im Rucksack natürlich nicht dabei. Also machten wir heute Rast hinter der von der Sonne beschienenen Panoramascheibe vom "Haus Müngsten".
Bei der Schwebefähre, auf der sich die Fußgänger mit Muskelkraft ans andere Wupperufer befördern, machten wir nur eine Stippvisite. Wir wollten schließlich auf der rechten Seite bleiben. Aber sehenswert ist die neueste Sehenswürdigkeit des Brückenparks allemal. Hier wird im Sommer sogar eine Schwebefährenweltmeisterschaft ausgetragen.
Noch einmal ging es hinauf in die Felsen.
Beim Wiesenkotten waren wir wieder im Tal angelangt. Die Waldschänke - natürlich auch ein ehemaliger Schleifkotten - war noch nicht auf Gäste eingestellt. Über eine Stahlbrücke überquerten wir die Wupper und näherten uns von der linken Flußseite dem Solinger Ortsteil "Burg an der Wupper".
Vor Burg kam aber noch Unterburg mit seinen idyllischen Fachwerkhäusern. Der Friedhof hinter der Barockkirche war auch einen Abstecher wert. Hier stehen nämlich ganz besondere Einzel- und Doppelgrabsteine. Es sind einheitliche, in Massenproduktion vorgefertigte Steinplatten, in die nachträglich nur die persönlichen Daten eingearbeitet wurden. Und das schon um 1745!
An der Bronzeplastik des "Kiepenkerls" in Unterburg trennte ich mich von Christa. Während ich mich mit Jordy an den sehr steilen Aufstieg hoch zur Burg machte, gönnte ich Christa die bequeme Auffahrt mit der Seilbahn. Sie schwebte also ganz entspannt über die Wupper hinauf zur ehemaligen Hauptresidenz der Grafen von Berg. Ja, man muss als Hundehalter auch schon mal Nachteile in Kauf nehmen.
Schloß Burg ist auf jeden Fall einen eigenen Ausflug wert. Es gibt nicht nur sehr viel zu besichtigen, sondern auch viele schöne Cafés und Restaurants mit Blick ins Tal. Richtig voll wird es hier oben, wenn Ritterspiele, Märkte und viele andere Veranstaltungen auf dem Programm stehen. Schloß Burg ist eines der beliebtesten Sehenswürdigkeiten des Bergischen Landes. Bei uns stand heute in erster Linie wandern auf dem Programm. Also ging es bald wieder auf Serpentinen zurück nach Unterburg. An der Talstation der Seilbahn vorbei kamen wir durch den Ort in den Wald hinein.
Bald standen wir vor einem großen Wehr, über das die Wupper laut herunterrauscht. Von hier wird Wasser über einen Obergraben zum Wasserwerk Glüder geleitet, durch das wir später auch noch kommen sollten. Christa kann zwar besser hören als sehen, aber das Wasserhörrohr gab doch ein intensiveres Klangerlebnis.
Vor dem Solinger Tierheim wechselten wir wieder auf die andere Flußseite. Uns begegneten viele Tierheimhunde, die von Tierfreunden ausgeführt wurden. Vor dem Heim war im Biergarten schon reger Betrieb. Wir erreichten bald das Wasserwerk Glüder.
Wieder wechselten wir die Flußseite und gelangten zu unserem nächsten, dem Balkhauser Kotten. Er besitzt noch funktionsfähige Wasserräder. Als Schleifermuseum gibt er heute Einblicke in die harte Arbeit der Schleifer.
Lange haben wir uns hier nicht aufgehalten, Hans wartete auf uns am verabredeten Treffpunkt in Obenrüden. Eigentlich hatten wir noch versucht, ihn per Handy umzudirigieren, weil uns der Weg doch recht lang wurde. Wieder zeigte mein Garmin über 20 km an und es wäre schön gewesen, hätte Hans uns schon früher einsammeln können. Hätte, hätte Fahrradkette. Hans hatte keinen Handyempfang und so mussten wir weiter. Wir kamen durch die Ortschaft Balkhausen mit hübschen Fachwerkhäusern und sahen auf der Höhe die Burg Haus Hohenscheid liegen.
Ich muss doch schon recht müde gewesen sein, anders kann ich es mir nicht erklären, dass ich den beeindruckenden Anblick der Burg nicht im Bild festgehalten habe. So existieren vom Rest der Wanderung nur noch zwei Fotos, nämich vom ehemaligen Schleifkotten "Heiler Kotten", in dem einmal bis zu 60 Schleifer tätig waren. Er lag am späten Nachmittag noch voll in der Sonne.
Das letzte Foto zeigt Jordy beim Zieleinlauf vor Haus Rüdenstein auf der Suche nach seinem Herrchen.
Ich war ganz schön stolz auf meine beiden Weggefährten, aber auch ein wenig auf mich, dass wir die beiden doch recht langen Etappen so gut weggepackt haben. Den heutigen Tag mit seinen vielen schönen Eindrücken kann man mit drei Worten beschreiben: toll,toll,toll.
Hier findet man alle Informationen zum gesamten Wupperweg.
weiter: Wupperweg Etappe 7 oder Fahrt mit der Wuppertaler Schwebebahn.