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2021-02-24




10 Tage und knapp 20 Grad Temperaturunterschied liegen zwischen meinem letzten Bericht und der heutigen, entschieden längeren Wanderung. Eine 20 km lange Radwanderung vom Rhein bis zur Quelle der Strunde hätte normalerweise mein Wandererherz nicht höher schlagen lassen, zumal sie durchs Bergisch Gladbacher Stadtgebiet führt. Ein Zeitungsartikel im Kölner Stadtanzeiger über den "fleißigsten Fluss Deutschlands" hat mich allerdings neugierig gemacht:

sie ist wieder da - die Strunde. An vielen Stellen, wo sie in Rohre gepresst oder unter die Erde verbannt war, plätschert sie für alle gut sichtbar unter freiem Himmel: durch Bergisch Gladbach, Dellbrück, Holweide und Buchheim bis nach Mülheim. Zu ihren besten Zeiten hat die Strunde bis zu 50 Mühlen angetrieben, was ihr den Titel "fleißigster Fluss Deutschlands" einbrachte. Ein Flüsschen als Symbol für die Wirtschaftskraft des rechtsrheinischen Köln.

Das wollte ich mir genauer ansehen und zwar per pedes und in entgegengesetzter Richtung. Dafür ließ ich mich mit Aaron von meinem lieben Mann an der Quelle der Strunde im Bergisch Gladbacher Ortsteil Herrenstrunden absetzen.

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Eine Einfassung aus Natursteinen markiert den Geburtsort in Herrenstrunden. Eingemeißelt ist der Spruch: "Sprudelt Segen bringende Quellen. Die ihr speiset die fleißige Strunde".





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Bachabwärts ging es jetzt vorbei an der kleinen Kirche "St. Johannes der Täufer", der Malteserkomturei...

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...und der ehemaligen Malteser Mühle, der ersten Mühle, die der noch kleine Bach antrieb.

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Sogar eine Wasserburg wurde durch ihn versorgt. Die Burg Zweiffel liegt in einer kleinen Parkanlage mit See. Leider musste ich gegen die Sonne fotografieren. Ich wunderte mich über das rot/weiße Flatterband rund um den See. Aber klar, bis vor wenigen Tagen war die Wasseroberfläche noch gefroren.

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Hinter dem alten Freibad mit Biergarten und Beachvolleyballanlage wechselten wir auf die andere Bachseite und jetzt ging es ein kurzes Stück neben der stark befahrenen Kürtener Straße entlang. Aber auch hier gab es viel zu sehen, liegt doch der Erlebnisbauernhof Gut Schiff idyllisch direkt an der Strunde im Hang. Heute ein Landwirtschaftsgut mit Hofladen war Gut Schiff ursprünglich ein Wirtschaftshof mit Pulvermühlen. Vier Mühlen rieben hier im 18. und 19. Jahrhundert Schwarzpulver, dann wurde der Betrieb eingestellt und Gut Schiff als Bauernhof und Wohnhaus genutzt. 

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Beim Näherkommen freute ich mich über die glücklichen, freilaufenden Hühner und wollte den bunten Hahn fotografieren. Aaron wurde sicherheitshalber an der Straße festgebunden und ich begab mich mit der Kamera auf die Pirsch.

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Der stolze Gockel war so begeistert über das Interesse an ihm, dass er mich bis zu Aaron verfolgte. Da machten wir uns lieber schnell wieder auf den Weg, bevor er den Autos zu nahe kam.

Noch ein Blick zurück und schon konnten wir die Strunde wieder überqueren und gelangten in den Wald.

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Auch hier gab es viel zu sehen. Überreste einer Pulvermühle und sechs Stelen mit Gedichten auf dem Lyrikpfad ließen mich immer wieder anhalten, genießen und erkunden.

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Am Ende des Lyrikpfades erreichten wir die Alte Dombach. Die ehemalige Papiermühle ist heute LVR-Industriemuseum mit dem Thema Herstellung und Bearbeitung von Papier. Das Museum und das Museumsgelände ist einen eigenen Besuch wert. Coronabedingt war das aber heute leider nicht möglich und so gibt es nur Fotos von außerhalb.

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Bis hierher war mir der Weg von mehreren Besuchen und Wanderungen bestens vertraut. Ab jetzt betrat ich Neuland. Wir näherten uns jetzt dem Stadtgebiet von Bergisch Gladbach und mir war klar, dass es nicht so idyllisch und mit so vielen Sehenswürdigkeiten auf engstem Raum weitergehen würde.

Hinter einem kleinen Industriegebiet begrüßte Aaron wieder begeistert die Strunde. Danach gings an der Leine durch die Stadt. Hier konnte ich erkunden, wie die Strunde mit Hilfe von Geld aus der Regionale 2010 für Anwohner und Ausflügler wieder sichtbar geworden ist.

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Besonders hat mir der Anblick der Villa Zanders im Herzen der Stadt gefallen. Die ehemalige Villa der Fabrikantenfamilie Zanders aus der Gründerzeit beherbergt heute ein Kunstmuseum.

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Von hier aus führte der Weg über den neugestalteten Kreisverkehr am Industriegebiet Gohrsmühle entlang. 

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Richtig schön wurde es erst wieder, als wir uns der Gartensiedlung Gronauer Wald näherten. Die historische Gartensiedlung wurde von der Fabrikantenfamilie Zanders initiiert, damit ihre Arbeiter ein schönes Zuhause hatten. Inzwischen gibt es einen 2,7 km langen Rundweg mit vielen Informationen. Für mich ein weiteres Highlight auf dieser Tour.

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Auf die Strunde stießen wir wieder am Rande der Schluchter Heide zwischen Bergisch Gladbach und Köln Dellbrück.

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Auch gab es immer wieder Hinweise auf frühere Mühlenstandorte und Industriebrachen.

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Im Thielenbruch kam Aaron wieder voll auf seine Kosten. Diese Gegend merke ich mir für die heiße Jahreszeit.

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Eine weitere, nämlich die ehemalige Strunder Mühle gab es in Köln-Dellbrück zu bewundern. Heute ist sie ein privates Wohnhaus, früher befand sich das riesige Mühlrad zwischen den beiden Gebäuden. Auch das Gebäude gegenüber war mir ein Foto wert.

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Weiter verlief unser Weg jetzt zwischen Strunde und einer weitläufigen Wiesenfläche Richtung Thurner Hof. Interessant finde ich, dass sich der Name Köln-Dellbrück auf den Wasserlauf der Strunde zurückführen läßt. Man legte Dellen (Dielen) über den Wasserlauf, um eine Brücke zu bilden.

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Der Thurner Hof war im Mittelalter Rittersitz und später ein Holz verarbeitender Gutshof. Heute nutzt ein Reitverein die Ställe. Ursprünglich gehörte zu der Anlage auch eine Mühle. Coronabedingt war das große, sonst für Besucher frei zugängliche Gartengelände leider verschlossen und das imposante Fachwerkgebäude von außen kaum zu sehen. Also wurde Aaron wieder geparkt und die Reiter im Innenhof um Fotoerlaubnis gebeten.

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Weiter ging es durch Köln-Holweide. Immer wieder gab es zumindest Hinweise auf ehemalige Mühlen, auch wenn ich bei meiner Spurensuche oft am Stacheldraht landete.

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Dort hinten muss die Iddelsfelder Mühle zu finden sein, übrigens die einzige intakte Mühle auf Kölner Stadtgebiet, heute ist sie in Privatbesitz.

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An der Strunde entlang gelangten wir durch Holweide zur Isenburg mit Landschaftspark.

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Auch dieser ehemalige Rittersitz ist heute in Privatbesitz und konnte von mir daher nur aus der Ferne betrachtet werden.

Solche hohlen Weiden haben übrigens dem Kölner Stadtteil Holweide den Namen gegeben.

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Allmählich näherten wir uns an der Strunde entlang einem ganz besonderen Bauwerk, auf das ich sehr neugierig war. Inzwischen in Köln-Buchheim angelangt, war es endlich erreicht: Das kuriose Wasserkreuzungsbauwerk (Erk). Die Strunde wird hier quer über den Faulbach geleitet. Das bereits vor 1000 Jahren zunächst aus Holz errichtete Bauwerk wurde 1893 durch eine Betonkonstruktion ersetzt und im Rahmen des RegioGrün-Projektes durch einen Rundweg mit Brücke zur besseren Besichtigung erweitert.

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Direkt neben der Lärmschutzwand der A3 gelegen, unterqueren beide Bäche getrennt die Autobahn und kommen auf der anderen Seite wieder ans Tageslicht.

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Die nächsten beiden Gebäude, auf die wir kurz darauf trafen, waren wieder nur von weitem von der Straße her zu erspähen, Haus Herl und die Herler Mühle.

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Zwischen Wohnbebauung und Grünflächen näherten wir uns allmählich dem Ziel in Köln Mülheim. Ein riesiger Wasserspielplatz lag noch auf dem Weg, der auch im Rahmen des RegioGrün-Projektes angelegt wurde. Aufgrund des tollen Wetters war der aber dermaßen gut besucht, dass ich kein Foto machen wollte. In diesen schrecklichen Coronazeiten ein beängstigender Anblick und ich sah zu, dass ich mit Abstand durch das Gewühl kam.

Schließlich erreichten wir den Mülheimer Stadtgarten. Auch hier genossen viele Menschen die Sonne.

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Vom Wiener Platz bestieg ich mit Aaron später die Straßenbahn Richtung Leverkusen. Zuvor wollte ich aber unbedingt noch zum eigentichen Startpunkt der Erlebnisroute Ost gehen, wo vor 1000 Jahren die künstlich verlängerte Strunde in den Rhein mündete. Das kann man aber getrost unterlassen. Parallel zur Mülheimer Brücke befindet sich z.Zt. eine große Baustelle. Immerhin habe ich aber noch die Startstele an der Bachstraße gefunden und meine Wanderung war somit komplett. Die Bachstraße erinnert an den einstigen Bachverlauf der Strunde. Hier hat sie auch noch die ehemalige Hausbrauerei Greven (heute Gilden Kölsch Brauerei) mit ihrem Wasser versorgt.

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Unglaublich, welche Bedeutung dieser kleine Bach für Gewerbe und Industrie gehabt hat und wie die Menschen seit über 1000 Jahren seine Wasserkraft zu nutzen wussten. 36 Mühlen waren zeitweise gleichzeitig in Betrieb und viele Gutshöfe, Burgen und Siedlungen konnten durch ihn entstehen. Für mich war es eine faszinierende Tour. Mein Garmin zeigte 23,5 km an, als ich in die Straßenbahn stieg. Wahrscheinlich habe ich doch einige extra Runden gedreht, um nichts zu verpassen. Ich war froh, die Tour zu Fuß genossen zu haben, so viel gab es auf diesen 20 km zu bestaunen.

Ob zu Fuß oder mit dem Rad, wer Interesse an dieser Erlebnisroute entlang der Strunde hat, findet hier sämtliche Informationen und auch den Track: RegioGrün Erlebnisroute Ost