2019-08-08
Ein Besuch bei Christa in Ost-Belgien war längst überfällig. Endlich fanden wir einen Termin für zwei gemeinsame Wandertage. Tourenvorschläge hatte Christa reichlich. Zufällig bot das Naturzentrum Haus Ternell zeitgleich zu diesem Termin eine geführte Wanderung durchs Hohe Venn von Malmedy nach Eupen in zwei Tagen an. Wir standen vor der Wahl: traute Zweisamkeit oder Rudelwandern? Gegen unsere sonstige Gewohnheit entschieden wir uns für die Gruppe. Die Gelegenheit, diese anspruchsvolle Tour unter der sicheren Leitung eines Naturführers zu erleben, wollten wir uns nicht entgehen lassen.
Das Hohe Venn ist eines der letzten Hochmoore Europas. Die urwüchsige, von vielen Bächen durchzogene Landschaft ist ein Wanderparadies, in das ich mit Christa schon mehrmals eingetaucht bin. Die geplanten 21 bzw. 23 km würden aber eine besondere Herausforderung werden.
Treffpunkt für die erste Etappe war das ehemalige Kloster Malmundarium in Malmedy.
Neben der Kathedrale versammelte sich die 19
Personen starke Gruppe der Vennüberquerer und nach kurzer Begrüßung und gegenseitigem Vorstellen ging es auch bald los auf dem Hauptwanderweg GR 56 mit der Markierung durch den weiß-roten Balken.
Die Warche wurde überquert und bald ging es mächtig bergauf aus dem Tal hinauf in den Wald. Die erste Verschnaufpause war fällig.
Das Monument Apollinaire war die erste Sehenswürdigkeit. Es soll an den Aufenthalt des französischen Dichters Guilleaume Apollinaire in der Gegend und an seine Werke erinnern.
Nach der kurzen Pause ging es weiter und meistens bergauf - sehr bergauf.
Eine seit 1446 bestehende, und seitdem ununterbrochen bewohnte Einsiedelei war unser nächster Stopp. Ganz schön komfortabel für eine Einsiedelei.
Zurück im Wald kamen wir durch das Gelände des Mountainbike-Parks Ferme Libert. Die ehemalige Skipiste wird heute als Bikepark genutzt. An den Wochenenden soll die Begehung des Geländes für Wanderer nicht ungefährlich sein. Heute herrschte hier allerdings absolute Ruhe. Durch Betonröhren unterwanderten wir die Sprungschanzen.
Vor dem dazugehörenden Ausflugslokal machten wir Mittagsrast. Es war geschlossen, aber wir hatten ja schließlich unsere Rucksackverpflegung dabei.
Frisch gestärkt ging es wieder in den Wald hinein.
Ein ganz besonders schönes Waldstück lag vor uns. Auf schmalen Pfaden wanderten wir am Hang entlang oberhalb des Wildbachs Trô Maret.
Stahlseile am Felsen und kleine Stege halfen über schwierige Stellen und Abgründe hinweg. Jetzt war Trittsicherheit gefragt.
Schließlich gelangten wir hinunter zum Wildbach. Auch hier mussten wir uns an Seilen am Ufer entlanghangeln. Wegen der lang andauernden Trockenheit führte er nur wenig Wasser. Wie mag es erst sein, wenn die Wassermassen heruntertosen?
Allmählich wurde die Vegetation immer "venniger", wir trennten uns vom Trô Maret und schwenkten ab ins NSG Fraineu.
Das Heidekraut blühte, die Heidelbeeren waren reif, das Pfeifengras wogte im Wind - eine Traumlandschaft, in welche Richtung man auch blickte. Hier hätte ich Wurzeln schlagen können. Nur schauen und fotografieren.
Über Stege durchquerten wir trockenen Fußes das Venn. Diese aufwändig errichteten Stege sorgen für den Schutz der Natur und dürfen nicht verlassen werden. Unser Führer informierte uns ausführlich über das Naturschutzgebiet, seine Entwicklung und Renaturierungsmaßnahmen.
Nach der unendlichen Weite des Venns führte der Weg durch einen kleinen Mischwald zu den "Sechs Buchen" (Six Hêtres). Die uralten, knorrigen Bäume boten einen urigen Anblick. Hier ließen wir uns zu einer Rast nieder.
Dann wurden die Rucksäcke wieder gesattelt und über mehr oder weniger bequeme Wege ging es weiter. Ein riesiges abgeholztes Gebiet warf Fragen auf, die nicht einmal unser Naturführer beantworten konnte. Das Forstamt hat keine Auskünfte erteilt. Geht es hier um Renaturierungsmaßnahmen oder den Borkenkäfer? Aber schließlich gehört die Fichte auch nicht zur ursprünglichen Vegetation.
Bei diesem eingezäunten Terrain handelt es sich aber eindeutig um Renaturierungsmaßnahmen. Wildtiere sollen vom Abnagen der Planzen abgehalten werden. Hier trennten wir uns auch erstmalig vom markierten Hauptweg. Unser Führer Dieter wollte noch einen Abstecher zum Hoëgne-Bach machen, um dann am Poleûr-Bach entlang Richtung Poleûr-Venn zu wandern.
Dann war aber noch einmal steigen angesagt. Das "Asymetrische Tal" erhebt sich am Rande des Venns. Nach der Kraxelei über hilfreiche Wurzeln kann man von oben erkennen, dass es unter uns sehr steil ins Tal hinuntergeht, während man weit über das Venn und den sanften Anstieg der gegenüberliegenden Seite sehen kann.
Weiter ging es am Abhang entlang. Auch hier oben gab es Holzstege.
Wieder im Tal angekommen, näherten wir uns durchs Venn dem Etappenziel des heutigen Tages.
An der Kapelle Fischbach vorbei gelangten wir gegen 18 Uhr und nach 19,2 km zur mitten im Venn gelegenen Herberge Baraque-Michel, wo sich der größte Teil der Wandergruppe zur Übernachtung angemeldet hatte. Hier geht es zum Track dieser Etappe.
Wir benötigten kein Quartier in der Herberge. Christas Mann Roger wartete schon auf dem Parkplatz auf uns beide.
Was war das für ein toller Tag. Optimales Wanderwetter, ein kompetenter Führer, eine nette Gruppe und eine traumhaft schöne Landschaft. Müde, aber sehr zufrieden freuten wir uns auf die Fortsetzung am nächsten Tag.