03.10. bis 17.10.2017
Zugegeben, es ist nicht Jedermanns Sache, ein fremdes Land auf einer organisierten Busreise kennenzulernen. Auf eigene Faust mit einem Leihwagen durch Marokko zu fahren war für Johannes und mich allerdings keine Option. Wir entschieden uns daher für eine einwöchige Studienreise "Auf den Spuren der Könige" mit Verlängerungswoche in Marrakesch und waren gespannt auf den Orient.
Erst mit den Flugtickets erhielten wir die Information, dass wir mit der Corendon Dutch Airlines fliegen würden. Von der Fluggesellschaft hatten wir noch nie etwas gehört. Also wurde natürlich gegoogelt und was da an negativen Beurteilungen und Erfahrensberichten zu finden stand, war nicht gerade vertrauenserweckend. Mit sehr gemischten Gefühlen fuhren wir daher zum Flughafen Düsseldorf. Uns blieb nichts anderes übrig, als uns unser eigenes Urteil zu bilden. Und das war durchweg positiv. Der Flug ging pünktlich und verlief reibungslos, das Personal war freundlich und der kleine Snack ausreichend für die 3,5 Stunden Flug. Da gab es nichts zu bemängeln.
Das ultramoderne Flughafengebäude Marrakesch-Menara hätte ich mir gerne intensiver angeschaut. Aber die Einreiseformalitäten, das Warten auf das Gepäck und der wartende Reisebus ließen leider nur ein paar schnelle Handyfotos zu. Na ja, vielleicht ist beim Rückflug mehr Zeit.
Schnell stellten wir fest, dass wir bei den Außentemperaturen von anderen Voraussetzungen ausgegangen sind. War im Internet von Höhsttemperaturen im Oktober von 28 Grad die Rede, waren es tatsächlich gut 10 Grad mehr. Wie wir später von unserem Reiseleiter erfuhren, herrschte z. Zt. eine ungewöhnliche Hitzewelle. Na prima. Während andere Reisende nach Ankunft im Hotel erste heiße Erkundungsgänge nach Marrakesch unternahmen, blieben wir im klimatisierten Hotel. Die kommende Woche sollte noch anstrengend genug werden.
Die Panoramafahrt Richtung Fès durch das Atlasgebirge im klimatisierten Reisebus hat mich total begeistert. Die unendliche Weite der kargen Landschaft, die Schaf- und Ziegenherden, die auf den trockenen Böden immer noch etwas zu knabbern fanden, Olivenhaine, Zedern, Weinreben, Eukalyptus und dunkle, fruchtbare Ackerböden so weit das Auge reichte. Nur Wasser gab es aufgrund der langen Dürreperiode nirgendwo zu sehen. Leider gibt es nur ein paar Fotos, die durch das Busfenster entstanden sind.
Unser Reiseführer war ein Türke aus Istanbul, den es aufgrund der sinkenden Touristenzahlen in seiner Heimat nach Marokko verschlagen hat. Von ihm erfuhren wir sehr viel über das Land und seine Bevölkerung, Politik und die fortschrittliche junge Königsfamilie.
Fès war die erste Königstadt, die wir näher besichtigten. Bei den goldenen Toren des Königspalastes ging es für uns allerdings nicht weiter.
Um so ausführlicher besichtigten wir die unter dem Unesco-Weltkulturerbe stehende Medina von Fès. Sie soll die flächenmäßig weltweit größte mittelalterliche Altstadt sein. Von der Festung Borj hatten wir einen guten Überblick über das Häusermeer. Unser Reiseführer bestand darauf, dass wir nur unter seiner Führung in das Labyrinth der engen Gassen eintauchten, sonst hätte er seine Schäfchen wohl so schnell nicht mehr wiedergesehen. Dieser Besuch war für mich der Höhepunkt der Reise.
Nur durch eines der historischen Tore gelangt der Besucher in die Medina.
Weder Autos noch Motorräder gab es in den Gassen. Dafür war es viel zu eng. Ständig mussten wir uns jedoch vor Maultieren und Lastkarren in Sicherheit bringen, die ihre Fracht in großer Eile durch die Gassen beförderten. Ich wußte gar nicht, wohin mit Augen, Ohren und Nase und mußte auch noch aufpassen, nicht unter Räder oder Hufe zu kommen und den Anschluss nicht zu verlieren.
Außer an Händlern und Handwerkern kamen wir bei unserem Bummel auch an einer alten Koranschule und der Kairaouine-Moschee vorbei. Der Eintritt ist Nichtmuslimen nicht gestattet, aber man kann einen Blick durch eines der 14 Tore hineinwerfen.
Ich hätte mich hier tagelang weitertreiben lassen können. Aber es ging weiter. Ein weiteres UNESCO-Weltkulturerbe stand auf dem Programm. Die Ruinen von Volubilis sind die größten römischen Ausgrabungsstätten des Landes. Wenn es nur nicht so heiß gewesen wäre. Hier gab es keinerlei Schatten.
Interessant und anstrengend ging es in den nächsten Tagen weiter. Meknés & Rabat (2x UNESCO-Weltkulturerbe) und Casablanca wurden in den nächsten Tagen besucht. Unser Reisebus brachte uns zu allen Sehenswürdigkeiten und jeden Abend in ein anderes Hotel.
Es würde den Rahmen sprengen, hier auf dieser Seite alle Eindrücke wiederzugeben. Ich werde mich daher nur auf das für mich Beeindruckenste beschränken - und das ist mehr als genug. Die riesige Anlage um das Mausoleum von Sultan Moulay Ismail in Meknès ist so ein Beispiel...
... oder die Moschee Hassan II in Casablanca. Sie war die einzige, die wir als "Ungläubige" besuchen durften, weil sie als Museum gilt. Sie bietet 100.000 Gläubigen Platz und gehört zu den größten Moscheen der Welt.
Ein Höhepunkt war allerdings ein Abstecher an die Küste zum kleinen Fischerstädtchen Essaouira! Nach einem leckeren Mittagsessen im Fischrestaurant und einem Bummel durch die schmalen Gassen ging es als krönenden Abschluss zum Fischereihafen. Auch hier hätte ich Tage zubringen können.
Während hinter der Kaimauer die frisch gefangenen Fische ausgenommen wurden, konnte man auf der anderen Seite seine Auswahl unter einem riesigen Angebot treffen und zubereiten lassen.
Für mich unverständlich haben Mitreisende den Strandaufenthalt dem Treiben im Fischereihafen vorgezogen. Es war ihnen zu voll, zu unhygienisch und hat zu sehr gestunken. Also genau das, was ich gerade so faszinierend fand. Unglaublich!
Ja, und da war natürlich noch Marrakesch. Schließlich hatten wir ja auch eine ganze Woche Zeit. Auch hier gibt es viele bedeutende Gebäude und die Stadt steht ebenfalls auf der UNESCO-Weltkulturerbe-Liste.
Hauptattraktion ist der mittelalterliche Markt- und Henkersplatz, genannt Djemaa el Fna oder Gauklerplatz. Hier herrscht ab dem Nachmittag ein reges Treiben, das man hervorragend von den vielen Dachterrassen beobachten kann. Es wimmelt von Schlangenbeschwörern, Märchenerzählern, Gauklern und Taschendieben. Hier gibt es nichts, was es nicht gibt, sogar mit Zähnen oder sogar ganzen Gebissen kann man sich eindecken. Von hier aus gelangt man auch in den riesigen Souk, von dem man ganz schnell aufgesogen werden kann.
Besonders reizvoll ist es, von der Dachterrasse den Sonnenuntergang zu erleben.
Wer eine Vorstellung darüber bekommen möchte, unter welchen Bedingungen die Handwerker ihren Lebensunterhalt verdienen, der sollte die entsprechenden Quartiere aufsuchen bzw. sich hinführen lassen. Bei den Gerbern haben wir keine Touristen angetroffen. Noch mehr als der penetrante Gestank haben uns die Umstände schockiert, unter denen die Handwerker arbeiten und auch dort leben.
Wenn man diese Armut erlebt, sieht man das bei uns Europäern so lästige Bedrängen durch Händler oder "Fremdenführer" plötzlich mit anderen Augen. Von ihnen werden auch immer neue Einnahmequellen kreiert. So laufen neben Reisegruppen z.B. marokkanische Fotografen her, um die dabei geschossenen Fotos hinterher am Reisebus zu verkaufen. Das digitale Zeitalter ist hier also auch angekommen.
Im Maison de la Photographie sollte man sich eine erholsame Atempause gönnen. Das Fotomuseum zeigt nicht nur beeindruckende Fotos von Marokko, das Gebäude, ein renoviertes Riad, zeigt auch eine gute Möglichkeit, als Tourist in der Medina zu wohnen. Viele ehemalige mehrstöckige Wohnhäuser mit Innenhof wurden zu kleinen idyllischen Hotels umgebaut. Von der schattigen Dachterrasse des Fotomuseums kann man bei einem erfrischenden Pfefferminztee die Aussicht genießen.
Es gab so viel zu entdecken und zu besichtigen. Sicher wären wir bei angenehmeren Temperaturen auch noch öfter hergekommen. Da wir aber leider in keinem Riad wohnten, sondern unsere Hotelanlage außerhalb lag, blieben wir dann lieber am Swimming Pool.
Auch in der Neustadt ist ein abendlicher Bummel durch die "Rote Stadt" ein tolles Erlebnis. Rote Stadt wird sie wegen der 19 km langen ockerfarbenen Schutzmauer und die Häuser in der Medina genannt.
Marrakesch ist neben Fès, Rabat und Mèknes eine der vier Königsstädte Marokkos. Es hat so viel zu bieten, dass eine Woche nicht reichen würde, um auch nur die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Diese pulsierende Stadt aus 1001 Nacht hat aber auch viele Künstler angezogen, die hier ihre zweite Heimat gefunden haben und Inspiration für ihre Kunst schöpfen.
So hat z.B. der Modeschöpfer Yves Saint Laurent 1980 den verwilderten Garten Jardin Majorelle aufgekauft und in seinem Sinne wiederhergestellt. Er war nicht nur Rückzugsort, sondern wurde auch zu seiner letzten Ruhestätte. Diese Anlage hat mich total begeistert. Leider wird sie aber sehr gut besucht. Die dominierenden Farben blau und gelb haben nicht nur mich zur Fotosession motiviert.
Einen zweiten "Künstlerpark" haben wir ebenfalls besucht. Innerhalb von nur fünf Jahren erschuf der Universalkünstler Andé Heller Anima, einen traumhaften Erlebnispark nach seinen Vorstellungen. Er übernahm keinen bestehenden Garten, sondern erschuf ihn 27 km außerhalb der Stadt auf 3 Hektar Fläche in der Wüste. Weil der Park erst 2016 eröffnet wurde ist er auch noch nicht so stark besucht.
Auch das ist Marokko. Ein absoluter Geheimtipp.
Insgesamt waren wir sehr zufrieden mit unserer Pauschalreise. Wir haben viele Eindrücke sammeln können, viel mehr, als ich hier auf dieser Seite festgehalten haben. Sicher, die erste Woche mit den vollgepackten Rundreisetagen und dem frühen Aufstehen war ganz schön anstrengend, aber dafür ging es in der zweiten Woche ruhiger zu. Sicherlich hätten wir auch in Marrakesch noch mehr unternommen, wenn es nicht so heiß gewesen wäre. Ja und dann war es auch schon Zeit für die Rückreise. Mitten in der Nacht trafen wir am Flughafen ein und verbrachten drei geschlagene Stunden mit Anstehen an irgendwelchen Schaltern, um zurück ins um 20 Grad kühlere Düsseldorf zu fliegen.